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Rheinische Post am 29. März 2008

Malte und das Zauberpferd

Der 13-jährige Malte ist ein autistischer Junge, voller Ängste und immer bereit zu fliehen. Sobald er den Hof von Reittherapeutin Jutta Junker betritt, ist er ein anderes Kind. Hier trifft er seinen Freund Fino, das Therapie-Pony.

VON INGE SCHNETTLER

Fino ist ein kleines Schlitzohr. Malte auch. Für Malte ist Fino ein Zauberpferd. Und für Maltes Mutter ist das, was sie jeden zweiten Montag am Ende der kleinen Ortschaft Winkeln erlebt, ein Wunder. Der 13-jährige Malte ist ein autistisches Kind. Seit zwei Jahren kommt Elke Bolz mit ihrem Sohn zur Reittherapie. „Es ist unglaublich, welche Fortschritte er hier macht“, sagt sie. Und sie ist ganz sicher, dass Malte ohne die diplomierte Reittherapeutin Jutta Junker und das siebenjährige Connemara-Pony Fino längst nicht so fit und selbstständig wäre, wie er heute ist. Denn ein gravierendes Merkmal seiner Krankheit ist eine extrem überängstliche Reaktion „auf alles“, wie seine Mutter sagt, „vor allem auch auf Tiere.“

Als Malte zum ersten Mal nach Winkeln kam und die Pferde laut wieherten - wie immer, wenn sie Jutta Junker sehen - hatte Malte nur einen Gedanken: „Nichts wie weg!“ Jutta Junker erklärte dem Jungen, dass die Pferde auf diese Art miteinander sprechen. „Da war er halbwegs beruhigt“, sagt sie. Aber es war ein weiter Weg zu dem Malte von heute, der sich sicher und völlig angstfrei durch die Pferdeherde bewegt und der „Chefstute“ Selina auf den Hintern klopft, damit sie ihn vorbei lässt.

Maltes Krankheit wurde bei einer ganz normalen Vorsorgeuntersuchung entdeckt. Da war er noch keine vier Jahre alt. Und seine Eltern mussten sich damit abfinden, dass ihr Kind an einer schweren Wahrnehmungs- und Verhaltensstörung leidet. „Ich fiel zunächst mal in ein ganz tiefes Loch“, sagt Elke Bolz. Aber dann krempelte sie, wie sie sagt, die Ärmel hoch, und suchte Hilfe für ihren Sohn. Ihr Ziel: ein lachendes, glückliches Kind. „Dazu mussten wir ihm helfen, seine Ängste zu überwinden. Denn wer Angst hat, kann nicht lachen.“

Malte hat den Putzkoffer aus der Sattelkammer und Fino aus seiner Box geholt. Er kratzt die Hufe des Ponys aus, und bürstet sein dichte Winterfell. Dabei erzählt er dem Tier Geschichten. Fino hört aufmerksam zu, und ab und zu schnuppert er mit weichen Nüstern an Maltes Gesicht und an seinen Händen. „Die beiden haben einen ganz engen Kontakt aufgebaut“, sagt Jutta Junker. Malte sagt es so: „Fino ist mein Freund.“ Als Malte vor zwei Jahren zu Jutta Junker kam, war er schüchtern, verängstigt und extrem kontaktscheu. „Er hatte Augen und Ohren wie Antennen, der ganze Junge war permanent in Alarmbereitschaft“, sagt die Therapeutin. „Seine motorischen Fähigkeiten waren sehr schwach entwickelt, er konnte kein Gleichgewicht halten und sich überhaupt nicht konzentrieren.“

Das ist kaum zu glauben, wenn man Malte mit Fino beobachtet. Der Junge führt das Pferd auf den Reitplatz, schwingt sich auf den Rücken und ist in dem Moment der König auf dem Zauberpferd. Sein Gesicht strahlt, ohne Probleme hält seinen Rücken kerzengerade, er schwingt die Arme, so wie Jutta Junker es ihm sagt, nach links und rechts, legt sich auf den Pferdehals, setzt sich wieder auf - und lacht.

„Malte ist glücklich weil er Vertrauen zu sich selbst und in seine Fähigkeiten entwickelt hat“, sagt seine Mutter. „Die Therapiestunde in Winkeln ist sein liebster Termin, den lässt er um nichts in der Welt ausfallen.“ Der 13-Jährige hat inzwischen Fino auf den Putzplatz geführt, er streichelt das Pony, kuschelt sein Gesicht ganz nah an den warmen Körper des Pferdes und verabschiedet sich: „Tschüss, Fino.“ Das Zauberpferd bekommt in Leckerli zum Abschied. Dann verlässt ein fröhlich plappernder Malte die Pferdeherde. Er winkt Jutta Junker zu und klettert ins Auto. Bis zum nächsten Mal.

INGE SCHNETTLER

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